The AGB is not only permeated by the spirit of the American public library (it was once intended to radiate “the spirit of freedom like a beacon” into the eastern sector of Berlin), but also bears the word “Amerika” in its name. The fact that its roof is crowned by the word “Gedenkbibliothek” (Memorial Library) alone, therefore, gives us a sense of something missing: actually, shouldn't “Amerika” be here? Has it been taken down? And if so, why? Possibly because – in the age of the NSA scandal, police violence and such like – only a few ghostly remnants of the free American spirit are left …?
In fact the word “Amerika” never was on the roof of the AGB. Although the United States may have set themselves a memorial here with their donation, it was actually the Berlin population that made the addition – still accepted today – to the library's name, consequently creating a widespread ʻinvented memoryʼ in the city.
The artist duo Fischer & el Sani now revitalizes this “invented memory” in the context of the exhibition, allowing the word “Amerika” to radiate in a physical form from the roof of the AGB for the first time. Floating above the capital letters of GEDENKBIBLIOTHEK, it will brighten the skies over Berlin for just over a month and so doubtless generate, on the one hand, a few moments of irritation. However, it will possibly also help to shed light on many a previously sensed spiritual abberation. Because sometimes things only become what they truly are through retrospective completion, it is possible that AMERIKA GEDENKBIBLIOTHEK will also be perceived as always-having-been-there or at least create a strange sense of fittingness. After its foundation the AGB had to be accepted by the population of West Berlin before proving the correctness of the “public” in the Public Library and so filling the library with life. In a similar way, Fischer & el Sani are now actualizing the idea of “Amerika”, which has inspired the AGB since the beginning.
Text by Karoline Walter
Translation by Lucinda Rennison
Die AGB ist nicht nur vom Spirit der amerikanischen Public Library inspiriert –wie das „Leuchtfeuer eines freiheitlichen Geistes“ sollte sie einst in den Berliner Ostsektor hineinstrahlen – sondern trägt das Wort „Amerika“ auch im Namen. Dass deren Dach lediglich das Wort „Gedenkbibliothek“ krönt, evoziert daher das Gefühl einer Leerstelle: Fehlt dort nicht eigentlich „Amerika“? Wurde es abmontiert? Und, falls ja, wann und warum? Womöglich nach dem umstrittenen Golfkrieg oder nach dem NSA-Abhörskandal vom freiheitlichen, amerikanischen Geist nur noch geisterhafte Reste übrig sind…?
Tatsächlich hat „Amerika“ nie auf dem Dach der AGB gestanden. Auch wenn sich die Vereinigten Staaten mit deren Stiftung nicht zuletzt selbst ein Denkmal gesetzt haben mögen, so hat ihr doch erst die Berliner Bevölkerung den heute gültigen Namenszusatz verliehen und in der Folge ein stadtweit verbreitetes invented memory erzeugt.
Das Künstlerduo Fischer & el Sani läßt es nun anlässlich der Ausstellung wieder auferstehen, indem sie „Amerika“ erstmals physisch auf dem AGB-Dach erstrahlen lassen. Über den kapitalen Lettern der GEDENKBIBLIOTHEK schwebend wird es über einen Monat lang den Himmel über Berlin erhellen und dadurch wohl einerseits für den einen oder anderen Irritationsmoment sorgen, aber möglicherweise auch zur
Aufklärung so mancher gefühlten geistigen Umnachtung beitragen. Weil manche Dinge erst durch nachträgliche Vervollständigungen zu dem werden, was sie eigentlich sind, könnte AMERIKAGEDENKBIBLIOTHEK auch als immer-schondagewesen wahrgenommen werden oder zumindest ein merkwürdiges Gefühl der Stimmigkeit hervorrufen. Nach ihrer Gründung musste die AGB erst von der Westberliner Bevölkerung angenommen werden, um dem „public“ der Public Library zu seinem Recht zu verhelfen und die Bibliothek buchstäblich mit Leben zu füllen. Auf ähnliche Weise aktualisieren Fischer & el Sani nun die Idee von „Amerika“, die die AGB seit jeher beseelt hat.
Erst letztens haben wir uns wieder gewundert, ob auf dem Dach der Amerika Gedenkbibliothek, nicht das Wort “AMERIKA” mal stand und nicht nur der Neonschriftzug “GEDENKBIBLIOTHEK”. Wir waren uns eigentlich ziemlich sicher, dass auf dem Dach immer “AMERIKA GEDENKBIBLIOTHEK” stand. Wir fragten uns, wann und warum wohl “AMERIKA” entfernt wurde? Wurde der Begriff “AMERIKA” vielleicht nach dem Mauerfall entfernt? Oder etwa nach dem die amerikanischen Streitkräfte aus Berlin abgezogen sind? Eventuell aber auch nach dem Golfkrieg? Oder vielleicht auch erst nach den kürzlich bekanntgewordenen NSA-Skandalen? Wie sehr wir auch versuchten uns zu erinnern, wann “AMERIKA” demontiert wurde, es fiel uns nicht ein, letztendlich konnten wir noch nicht einmal mehr mit absoluter Gewissheit sagen, ob überhaupt jemals der Begriff “AMERIKA” auf dem Dach der AGB stand.
Diese Erinnerungsunsicherheit, die sich auch in der Berliner Bevölkerung zu einer kollektiven Erinnerunslücke entwickelt hat, hat uns veranlasst, den Begriff “AMERIKA” auf dem Dach der AGB zu installieren. Nicht als permanente Installation, sondern als temporäre Intervention, sagen wir für die Dauer eines “Leuchtfeuers eines freiheitlichen Geistes”, der bei den Eröffnungsfeierlichkeiten propagiert wurde. Die neue Bibliothek, ein Geschenk der amerikanischen Besatzungsmacht, sollte wie ein „Leuchtfeuer eines freiheitlichen Geistes“ in den Ostsektor hineinstrahlen.
Wir lassen dieses Leuchtfeuer, als Schriftzug “AMERIKA” auf dem Dach der AGB noch einmal kurzzeitig aufblitzen. Ein heller, leuchtender Moment, der symbolisch das Gute, sprich den freiheitlichen Geist, für den “AMERIKA” in Berlin einmal stand, nochmals erstrahlen lässt, bevor die einzelnen Buchstaben verglühen und erlöschen, sowie unsere Erinnerung an “AMERIKA” auf dem Dach der AGB.